Tatsächlich wird eine “Unterburg im Tale“ wiederholt in mittelalterlichen Urkunden erwähnt, wobei diese bezeichnenderweise auch manchmal den Namen “das Loch“ trägt. Mit “im Tale“ ist mit Sicherheit ein Gelände innerhalb der späteren Stadtmauer gemeint, und was läge da näher, als diese in der Höhlung am Fels zu suchen. Zwar gibt es ein einziges Mal auch eine Nachricht von einer Unterburg in der Nähe des unteren Stadttores, doch ist diese aus dem 16. Jahrhundert und muss nicht unbedingt mit den Verhältnissen 200 Jahre zuvor in Verbindung gebracht werden.
Obwohl wir davon ausgehen können, dass alle Obersteiner Befestigungsanlagen – Unterburg (1075 ?), Altes Schloss (1197), Neues Schloss (um 1320) – über eine eigene Burgkapelle verfügten, hat es in Oberstein schon verhältnismäßig früh eine Kirche gegeben, die allerdings nicht in dem ummauerten Ort, sondern ca. 500 m davon entfernt im Distrikt “Auf dem Kreuz“ – an einer Wegekreuzung im Bereich des heutigen Drogerie-Kaufhauses Müller – stand und erstmals 1324, ferner 1329, 1340 und 1382 genannt wird. Die Möglichkeit, dass es sich dabei um eine Wallfahrtskirche handelte, ist zwar gegeben, aber nicht sehr wahrscheinlich. Kirchenpatrone dieses Gotteshauses waren Philippus und Jacobus, Dionysius und Walpurgis. Daneben wird 1430 erst und einmalig eine Kapelle im Tale (also im ummauerten Flecken) genannt, über deren genauen Standort, Alter, Patron und späteres Schicksal jedoch nichts weiter urkundlich berichtet wird. Natürlich liegt die Vermutung nahe, dass diese sich im Bereich der Unterburg befand, zumal später an anderer Stelle nie etwas von einer Kapelle berichtet wird. Zwar ist für das 16. Jahrhundert einmal die Existenz eines Heiligenhäuschens überliefert, doch lag dieses am Niedertore vor der Stadtmauer in Richtung Nahbollenbach – also nicht “im Tale“.