Selbst wenn man alle “sagenhaften“ Erklärungsversuche für das Entstehen der Felsenkirche außer acht lässt, so bleiben noch genügend Rätsel um ihre Erbauung. In einer 1812 erschienenen Veröffentlichung wird sie als Denkmal des 11. Jahrhunderts bezeichnet, was vielleicht nicht so falsch ist. Im Jahre 1075 wird jedenfalls erstmals ein Herr von (Ober-)Stein erwähnt. Von der alten Burg (Bosselstein) sind dagegen erst mehr als 100 Jahre später erste urkundliche Nachrichten überliefert. Wenn man davon ausgeht, dass die gewaltige Felshöhle unterhalb dieser Burg (ca. 25 m lang, 17 m tief – bei einer mittleren Höhe von 12 m) auf natürliche Weise entstanden ist, so ist es eigentlich gut vorstellbar, dass sich die ersten Herren von Oberstein an dieser Stelle ein festes Haus, eine Art Burg errichteten, wozu nur verhältnismäßig geringe Aufwendungen erforderlich waren. Für die Annahme, dass die Höhlung im Fels auf natürliche Weise entstanden ist, spricht nicht nur die ungewöhnliche Größe (von 5000 m3), sondern auch die Tatsache, dass die dort errichteten Gebäude ziemlich willkürlich und unsystematisch in den Fels gebaut wurden, was sich bei einer exakten Vermessung ergab. Die Schildmauer bis zur Höhe des Kaffgesimses weist nicht nur eine Stärke von 1,90 m auf, sondern auch drei schießschartenähnliche Fensteröffnungen, welche die Vermutung nahe legen, dass sich ursprünglich an dieser Stelle ein Wehrbau befand.

Hinzu kommt noch – auch dies ergab die Vermessung , dass diese Schildmauer mehrfach ganz unregelmäßig abknickt und in dem sechseckigen Turm alle Seitenlängen und Winkel ungleich sind. Beim Bau von Gotteshäusern legte man zu jener Zeit aber sehr großen Wert auf Symmetrie. Da alle Abstände zwischen den Schießschartenfenstern, den Sakristeifenstern, den Säulen im Hauptschiff und den Gurtbögen ungleich sind, vermag man auch schwerlich in der heutigen Felsenkirche eine Huldigung an die Trinität zu erkennen. Es deutet eigentlich alles darauf hin, dass es eben keine Kirche war, die ursprünglich in dieser Höhlung stand. Falls es sich aber um einen Wehrbau handelte, so ist sogar wahrscheinlich, dass dieser auch über eine Kapelle verfügte, welche nicht unbedingt mit der heutigen Sakristei identisch sein muss. Die zur Begründung dieser These angeführte Ungleichheit von Mauerwerk, Sakristei und oberem Teil der Felsenkirche belegt lediglich, dass diese nicht gleichzeitig entstanden sind. Mörteluntersuchungen lassen darauf schließen, dass die heutige Sakristei mit der vorderen Schildmauer zusammen errichtet wurde und somit ursprünglich zur Wehranlage gehörte.