Nun enthalten alle drei Fassungen nur sehr wenig konkrete Fakten, wobei selbstverständlich die überlieferten Namen (Wirich, Emich, Eberhard, Werner) nicht allzu viel besagen, da diese häufig in Obersteiner Herrengeschlechtern vorkommen. Die Ursache für den Streit im Falle b) – der Scherz mit der Katze im Stiefel – wird z.B. auch von der Schmidtburg bei Bundenbach oder Burg Manderscheid in der Eifel erzählt, weshalb diese Überlieferung als Wandersage anzusehen ist, der kein besonderer Wert zukommt. Die Liebe zu einem Burgfräulein bietet Stoff für die bekannteste und romantischste Fassung, doch lässt sich ebenso wenig ein Brudermord in der Familie auf Schloss Oberstein wie eine Bertha von Lichtenberg nachweisen. Die nahe gelegene Burg Lichtenberg im Westrich war übrigens keineswegs – wie in der Sage – ein Trierer Mannlehen, sondern wurde 1214 oder kurz zuvor durch Graf Gerlach von Veldenz auf dem Grund und Boden der Remigiusabtei zu Reims errichtet.

Die Fassung a) der Sage, welche von einem Mord an einem Vetter berichtet, könnte der Wirklichkeit noch am nächsten kommen, wenn auch die daraus abgeleitete Folge, das Ausmeißeln einer so riesigen Höhle in dem harten Fels, damals technisch fast unmöglich war und in keiner Weise mit dem Baubefund in Übereinstimmung zu bringen ist. In früherer Zeit glaubte man – infolge einer falschen Übersetzung der Umschrift – das sog. “Ritterstandbild“ in der Felsenkirche stelle das Opfer der Sage dar, was jedoch mit Sicherheit nicht zutrifft.


Tatsächlich hat es aber in der Familie der Herren von Oberstein einmal einen Verwandtenmord gegeben. Durch doppelte Überlieferung können wir heute sicher sein, dass in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts ein Wirich von Daun im Bette von einem entfernten Vetter aus dem Geschlecht derer von Bossel zu Stein umgebracht wurde.